Zum Beginn des Vorschubs komme ich nicht pünktlich am Schauplatz des Geschehens an. Ich bin spät dran. Zuerst hindert mich ein Polizeiposten an der Weiterfahrt in die Nähe des Montageplatzes. Mein Hinweis der Baustellenfotograf zu sein, wird mit der Forderung eines Presseausweises gekontert. Den habe ich aber nicht, nur die Einladung des Bauherrn. Auch meine Bemerkung, gerade haben sie doch die Absperrung für ein Auto geöffnet, zieht nicht. Das war ein ranghoher Chef des Auftraggebers, entgegnen sie.

Es half nichts. Parkplatz suchen, Auto abstellen, Fototasche, Schutzhelm und -weste packen und die lange Straße hinaufhasten. Völlig außer Atem oben angekommen, das nächste Hindernis. Ein großer, schmerbauchiger Ordner stellt sich mir in den Weg und lässt mich nicht vorbei. Zwischenzeitlich rollt die aufgebockte Brücke langsam auf der Straße in Richtung Ort. Fast ist der Koloss auf meiner Höhe, da kann ich in der Menge einen Offiziellen erreichen.

Puh, geschafft! Ausgestattet mit Warnweste der Landesbehörde und Schutzhelm der Baufirma kann ich die Absperrung passieren. Mein Arbeitsbereich ist jetzt innerhalb des gesicherten Transportweges.

Beeindruckend kommt das stählerne Ungetüm mir entgegen. Bis zum vorläufigen Abstellplatz ist es noch ein langer Weg. Auf der Straße weiter unten warten Zuschauer gespannt auf das imposante Gefährt.

Der Metallbau hat hier das Sagen. Aus der Hebebühne heraus werden Anweisungen an die begleitenden Kollegen gegeben. Die Brückenbögen streifen die Äste in den Wipfeln der Bäume. Feuerwehrleute sind bereit und sägen behindernde Überhänge ab. Erst dann kann die Fahrt fortgesetzt werden, fachmännisch beobachtet von unserem fotogenen Kranführer. Heute hat die Brücke Vorfahrt.

Mehr als 600 Tonnen Stahl rollen auf mich zu. Die Ingenieure justieren die Lafetten dem Straßenverlauf folgend. Langsam erreicht die neue Brücke die ersten Häuser, die näher an der Straße stehen. In mehreren Metern Höhe stehen die Anwohner auf ihren Balkonen und filmen die zum Greifen nahe lautlos vorbeigleitende Stahlkonstruktion.

Rechts und links werden die Abstände zwischen Brückenbögen und Häusern und Bäumen sehr eng. Auf dem weiteren Weg müssen die Feuerwehrleute störende Äste absägen. Die Birke verliert ihre prächtige Silhouette. Der Weg ist frei, jetzt gibt es kein Halten mehr.

Der vorläufige Abstellplatz ist geräumt. Davor versammeln sich viele Leute und schauen erwartungsvoll auf das heranrollende Gefährt. Noch ein paar Meter und der Vorschub ist erfolgreich abgeschlossen.

Bildergalerie Brücke Niedernhausen – Vorschub

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